Frei werdende Restkapazität

Ein ehemaliger Bekannter nannte es mal so … den Moment, in dem man sich beim Motorradfahren nicht mehr auf die Abläufe konzentrieren muss, sondern für andere Dinge anfängt Platz im Hirn zu haben. Wie zum Beispiel – schalten nach Gehör, statt Drehzahlanzeige. Das funktioniert immer besser.

Letzte Woche, auf dem Weg zum Kaffeeklatsch, fiel mir das erste Mal bewusst auf, dass ich Gerüche viel stärker wahrnehme als beispielsweise noch im letzten Herbst. Der erste Sommergeruch machte sich breit. Ihr wisst, was ich meine? Die Luft ist lau, die Wärme spürbar und der Geruch nach warmen Steinen, Wiesenblumen, frisch gemähtem Gras und Heu, warmen Holz im Wald/Unterholz, nach Erde und Straßenstaub. Im Auto nimmt man das so deutlich gar nicht wahr, wie auf dem Motorrad. Man fährt viel „abgeschotteter“ durch die Welt.

Vor kurzem habe ich erst gelernt, das eine alte Bauernregel besagt: „Haben viele Dinge einen Geruch, so kommt Regen zu Besuch“. Es ist nicht der Regen selbst, sondern die mit ihm verbundenen Begleiterscheinungen lassen Gerüche auftreten. Da ist viel Wahres dran.

Wie komme ich nun zurück zur Restkapazität?
Es lernt jeder in seinem eigenen Tempo und seinem eigenen Empfinden. Bei mir hat es sage und schreibe 20 Monate gebraucht, bis mein Hirn so viel Restkapazität freisetzen konnte, das ich meine Umgebung viel intensiver wahrnehme. Dafür ist jetzt VIEL mehr Raum für Ent-Spannung entstanden, Ent-Stress-ung. Für das, warum ich Motorrad fahre.

Der Moment, in dem man bemerkt, das man eine ganze Weile eigentlich NICHTS gedacht hat, ist fantastisch. Wenn man merkt, das man einfach nur gefahren ist, dem Motor zugehört hat, die Gerüche wahrgenommen hat die einen so umgeben. Aber der ganze Alltagsrotz unendlich weit weg ist auf einmal … unbezahlbar.



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